GEGEN DAS SYSTEM MIT JENNIFER SCHMITZ

Es gibt nichts, was man dir nehmen könnte.

Das Lebensmotte von Jennifer Schmitz, denn “alles was du glaubst finden zu können, ist und war schon immer in dir. Alles was du glaubst finden zu können, bist immer du selbst.” Aus den tiefen Gedanken ist der Roman “8.540 Kilometer gegen das System” entstanden. Hier geht es zum Interview mit der Autorin. 

Was hat Dich dazu bewegt ein Buch zu schreiben? 

Mein persönliches Schicksal. Ich hatte nie geplant, jemals in meinem Leben ein Buch zu schreiben. Das hat sich einfach so ergeben. Als ich von meiner Reise zurückkam, fiel es mir schwer, mich wieder hier in mein Leben einzufinden. Das hatte vielerlei Gründe. Der Prozess des Schreibens war mein Weg, Schmerzen und Leid zu verarbeiten.

Wie viel Zeit hast du gebraucht Deinen Roman fertig zu schreiben? 

Der Gesamtaufwand des Projektes lag bei 3,5 Jahren, wobei die meiste Zeit für das Überarbeiten drauf ging. Die Geschichte stand nach gut einem Jahr, aber dann habe ich angefangen, das Buch immer und immer wieder erneut durchzulesen und Dinge zu verändern, mit der Hoffnung, dass ich irgendwann zu hundert Prozent zufrieden sein würde. Nach gut fünfzehn Mal habe ich es dann aber -Gott sei Dank- geschafft, einen Weg aus diesem Überarbeitungs-Wahn zu finden. Für die letzten Schliffe (Cover-Design, Formatierung der einzelnen Kapitel usw.) kam dann noch mal ein guter Monat dazu. 

Was ist die größte Herausforderung, wenn man ein Buch schreibt? 

Für mich war die größte Herausforderung meine perfektionistische Art. Wenn man so viel Zeit und so viel Elan in solch ein Projekt steckt, will man am Ende von sich behaupten können, dass man alles gegeben hat. Dass es perfekt ist. Aber Perfektion lässt sich nicht objektiv definieren und ist vor allem nicht real. Das musste schließlich auch ich akzeptieren, nachdem ich jahrelang immer wieder Sätze umgestellt habe, Wörter ausgetauscht habe, oder mich mit Rechtschreibregeln auseinandergesetzt habe.  

Beschreibe Deine Leserzielgruppe in 3 Worten: 

Gegen das System

Was bedeutet das Leben in einem System? 

In die Grundschule gehen, auf eine weiterführende Schule gehen, einen angesehenen Schulabschluss erreichen, eine Ausbildung machen, studieren, 40 Jahre lang 40 Stunden in der Woche arbeiten, Lohnsteuer und Sozialversicherung zahlen, zwei Wochen Urlaub im Jahr, ein Rentenbetrag, der gerade mal das Existenzminimum sichert, und sich dann fragen: Wer hat mir eigentlich vorgeschrieben, wie ich mein Leben zu leben habe? 

Ich denke, dass wenn der eigene Lebensplan von den gesellschaftlichen Erwartungen und Vorschriften fremdbestimmt wird, man recht gut im System lebt. Was aber nicht gleich etwas negatives zu bedeuten hat! 

Du sagst, dass das Buch zum Teil auf einer wahren Begebenheit beruht und Du Dir die Freiheit lässt, den Leser entscheiden zu lassen, was nun real und was fiktiv ist. 

Steckbrief 

Autorin: Jennifer Schmitz

Alter: 24

Warum möchte die Protagonistin Sunny aus diesem System ausbrechen? 

In erster Linie hat Sunny gar nicht bewusst wahrgenommen, dass sie eigentlich unzufrieden mit ihrem Leben ist. Sie hat sich auch nie wirklich damit auseinandergesetzt. Der eigentliche Input kommt dann durch Jasper, der sie anregt, ihren Lebensstil anzuzweifeln und ihr gleichzeitig vorlebt, dass es anders genauso funktioniert.

Das Hier & Jetzt wird in Deinem Buch sehr oft betont – Warum denken die Menschen so viel an Morgen?

Weil die meisten Menschen nicht achtsam und zu routiniert leben. Es ist schwer, sich voll und ganz auf den gegenwärtigen Moment einzulassen, ohne darüber nachzudenken, was man noch zu erledigen hat, oder was vielleicht nicht so gelaufen ist, wie man es sich erwünscht hat. Unser Verstand beschäftigt uns ständig damit, mit den Gedanken in der Zukunft oder in der Vergangenheit zu sein. Bloß ist Vergangenes nicht mehr änderbar, genauso wenig wie Zukünftiges garantiert ist. Es sind bloß Illusionen und können in der Gegenwart keine Probleme lösen. Alles was in unserem Leben passiert, passiert immer nur jetzt. Aber sich selbst dort wahrzunehmen, bewusst und urteilsfrei, ist eine Fähigkeit, die erlernt werden muss. Und das können die wenigsten. 

8.540 Kilometer gegen das system

Autorin : Jennifer Schmitz 

DROGEN

Die Drogen und der Konsum sind ein starkes Thema in Deinem Buch – es kommt das Gefühl auf, man könne dem System nur auf illegale Weise entkommen. Warum hast Du Dich für eine so radikale Darstellung entschieden? 

Ich denke, das ist in erster Linie davon abhängig, wie man ein „Leben gegen das System“ definiert. Gehen wir mal davon aus, wofür Jasper sich entschieden hat: Man möchte völlig unabhängig, außerhalb des Systems und ungebunden an die Gesellschaft leben. Der erste Schritt wäre dann wahrscheinlich, sich ein Grundstück für ein kleines Häuschen, einen Wohnwagen, oder was auch immer zu beschaffen. Abseits der Zivilisation zu leben ist -nach meiner Erfahrung- möglich. Aber hier geht es dann auch schon los: Für solche Investitionen benötigt man Geld. Und wie ist es möglich, völlig frei vom Finanzsystem, Geld zu beschaffen, ohne, dass es illegal ist? 

Warum scheinen Drogen immer eine Lösung darzustellen, obwohl die Menschen hier sehr viel aufs Spiel setzen, sei es vor dem Gesetz oder gesundheitlich?  

Natürlich löst der Konsum von Drogen Probleme nicht, er eignet sich aber wunderbar dafür, sich von den Problemen abzulenken. 

Menschen nehmen Drogen, um eine positive Veränderung ihres psychischen und physischen Befindens herbeizuführen, um ein schönes Gefühl zu verstärken, um Leid zu verdrängen oder einfach nur, um der Langweile zu entkommen. Drogen sind ein Ersatzobjekt für irgendetwas, was dem Menschen in diesem Moment fehlt. Genauso wie es übrigens das Smartphone, der Fernseher, das Kaufen von neuen Anziehsachen, Essen oder Glücksspiel sein kann. 

Welche gesundheitlichen oder sozialen Schäden so eine Abhängigkeit mit sich bringt steht meist an zweiter Stelle. Und hier kann ich für mich selbst sprechen – ich rauche Zigaretten. 

LIEBE

Warum schafft es die Liebe, eigene Prinzipien, Lebensmodelle und Vorstellungen über Bord zu werfen? 

Die Liebe schafft so etwas nicht, sondern emotionale Abhängigkeit, die man gern mit der Liebe verwechselt. Wenn man bedürftig nach Glück, Vertrauen oder Zufriedenheit in eine Beziehung geht, wird man abhängig davon, diese Bedürfnisse durch die andere Person zu befriedigen. Das hat dann weniger mit der Person gegenüber zu tun, als mit der persönlichen Beziehung zu sich selbst.   

Eigene Prinzipien, Lebensmodelle und Vorstellungen – das hat etwas mit persönlicher Freiheit zu tun. Wenn man abhängig ist, kann man nicht mehr im besten eigenen Interesse entscheiden, die Entscheidungsfähigkeit verringert sich – genau wie bei einer Drogenabhängigkeit.  

Warst Du selbst schon so verliebt wie die Protagonistin Sunny in Ihren Jasper? 

Ja. Wobei ich auch hier im Nachhinein erkennen durfte, dass es mehr eine emotionale Abhängigkeit, als Liebe war. 

REISEN

Warum kann eine Reise einen Menschen verändern? 

Wenn man ein Teil davon wird, wie Menschen in anderen Ländern leben, man neue Kulturen und Traditionen kennenlernt, wenn man sich irgendwo wiederfindet, wo niemand die eigene Muttersprache spricht, man Extremsituationen erlebt, die einen über die eigenen Grenzen hinauswachsen lassen oder man sich furchtbar einsam fühlt, dann lernt man sich selbst plötzlich auf einer ganz neuen Ebene kennen. Ich finde, dass man durch das Reisen, und damit meine ich nicht unbedingt eine Woche in einem All-Inclusive Hotel, unheimlich viel Lebenserfahrung sammeln kann. 

Mich hat meine Reise definitiv verändert, ich habe die Chance bekommen, zu mir zu finden. Dadurch, dass ich mit meinem damaligen Freund völlig isoliert von der Zivilisation gelebt habe, und wir natürlich auch nicht ständig aufeinander gehockt haben, war ich viel allein. Und wenn man dann tagelang mitten im Wald, ohne Smartphone und ohne Fernseher, auf sich allein gestellt ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als sich mit sich selbst auseinander zu setzten.

Welche Botschaft möchtest Du mit Deinem Buch in die Welt tragen? 

Ich behaupte nicht, dass man sich dem System, wie unsere Welt zu funktionieren scheint, komplett entziehen sollte. Wir Deutschen können dankbar für unseren Sozialstaat sein, für das Auffangnetz, dass jedem von uns zur Verfügung steht, wenn wir alleine nicht mehr weiterwissen. Ich denke es ist wichtig, einen gesunden Mittelweg zu finden.    

Das Reisen hat sich gerade in den letzten Jahren verändert. Viele junge Menschen gehen nach der Schule ins Ausland. Das finde ich super! Aber man darf so eine Reise nie als Flucht vor dem eigenen Leben verstehen. Man sollte niemals das Gefühl haben, dass man Urlaub von seinem Alltag braucht, sondern seinen Alltag so gestalten, dass man zufrieden und glücklich ist. 

Entweder/ Oder? 

Sicherheit oder Freiheit? Sicherheit 

Kopf oder Bauch? Bauch 

Hier & Jetzt oder Zukunftspläne? Hier und Jetzt

 

Vielen Dank liebe Jenny für das tolle Interview und die vielen Einblicke. 

Folgen:

3 Kommentare

  1. Tamina
    14/04/2018 / 19:55

    Vielen Dank für dieses interessante Interview. Das Buch werde ich mir besorgen?

  2. Sandra
    16/04/2018 / 21:50

    Interessantes Interview, das Lust auf mehr macht!!! Dankeschön liebe Kim <3

    • Kim
      Autor
      18/04/2018 / 16:56

      Liebe Sandra,

      vielen Dank für Deinen lieben Kommentar! Ich freue mich, dass Dir das Interview gefallen hat.

      Sonnige Grüße!

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