KOMMAS UND DER GENITIV SIND DER NEUE SIXPACK

Wann haben wir eigentlich die Rechtschreibung ad acta gelegt? Das Kommunizieren über den digitalen Weg hat Kommas durch Emojis ersetzt, Großbuchstaben als unnötig deklariert und der Genitiv hatte es sowieso schon immer schwer. Als ich in der Grundschule das Schreiben lernen sollte, war ich fest davon überzeugt, dass man mich auch so verstehen würde, ob da jetzt ein h oder keines bei nämlich integriert wird. Ich war der Meinung, man müsse mich verstehen wollen und die Buchstaben seien Optionen. Halleluja, ich bin erwachsen geworden! 

Meine Mama und Oma sind heilfroh, dass meine ehemals eigenwillige Einstellung nun pro Rechtschreibung ausgelegt ist. Die zwei wichtigsten Frauen in meinem Leben, lesen all diese Artikel hier übrigens Korrektur! Mir ist es nämlich (ohne h) mittlerweile peinlich, wenn sich Rechtschreibfehler einschleichen. Doch das passiert immer noch und vor allem auf schnelllebigen Plattformen und einem digitalen Austausch andauernd. 

Sich über Worte und Sätze auszudrücken, ist zu meiner Leidenschaft und meinem Beruf geworden. Mir fällt dabei immer negativer auf, dass sich kaum jemand mehr Mühe gibt, sich korrekt auszudrücken. Nicht nur private Chatverläufe, sondern auch Unterschriften bei Postings von großen Stars oder Influencern oder wichtige E-Mails stechen mir vor allem durch mangelnde Kommasetzung ins Auge. Es gibt Langzeitstudien, die gegenüber den 70er Jahren auf eine dramatischen Zunahme von Fehlern bei Diktaten verweisen. 

Ich bin fest davon überzeugt, dass unser mediales Ich hier eine große Rolle spielt. Durch die visuell basierte Medienlandschaft geraten die Lese- und Schreibwerte in den Hintergrund. Rechtschreibung kann nur durch beharrliches Üben der orthografisch richtigen Schreibweise erlernt werden und wir trainieren uns fast schon selbst zu Analphabeten. Eine richtige Rechtschreibung ist mittlerweile uncool, spießig oder nicht divers und open minded genug – puh! 

Ich finde Kommas und den Genitiv sexy! 

Und auch ich muss mir das Setzen von Kommas und das Sprechen im Genitiv immer wieder bewusst ins Gedächtnis rufen. Doch hat man sich die Korrektheit mal wieder vor Augen geführt, möchte man sich dieser auch bedienen. Ich habe dieses Thema für die Kolumne zum medialen Ich ausgewählt, da ich hier selbst einen Wandel durchlebt habe und nun einfach achtsamer schreibe. Es gibt einen Unterschied zwischen flüchtigen Fehlern, die sich immer einschleichen oder der Ignoranz, sich Wissen nicht aneignen zu wollen, welches grammatikalisch richtig wäre.

Der Umfang des deutschen Wortschatzes wird, je nach Sicht- und Zählweise, auf 200.000 bis 500.000 geschätzt. Ich finde es wahnsinnig spannend, sich all dieser Wörter zu bedienen, sie in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen und daraus einen Kontext entstehen zu lassen. 


Maya Jolina. Ein modernes Kleid kombiniert mit einer Ovesized Lederjacke aus den 70ern für Männer. Der stilvolle Mix aus Alt und Neu, Weiblich und Männlich.

Bildstrecke fotografiert von Kimyana
Text von Kimyana

Neologismen

Neologismen sind neue Wörter und unterliegen einer Prüfung, denn sie können sich als kurzzeitiger Trend herausstellen oder sich gängig etablieren. Neue Wörter kommen schneller in den mündlichen Sprachgebrauch, bevor sie in den Duden aufgenommen werden. Wenn überhaupt.

Ekkehard Felder, Professor für Germanistische Linguistik an der Univer­sität Heidelberg: „Wir positionieren uns immer neu und das ist gut so. Daraus stammt das Bedürfnis, Bekanntes neu zu formulieren.“ (Quelle: blonde.de

Wörter machen außerdem einen Bedeutungswandel durch und können sich gesellschaftspolitisch neu justieren. Auch ist unsere Welt immer globaler und dadurch vermischen sich bestimmte Ausdrucksweisen und etablieren sich in den verschiedensten Kulturkreisen. 

Hashtags 

Vielleicht drücken wir im Internet doch mehr als nur Emojis aus? Denn auch Hashtags sind zu einer neuen Schreibkultur herangewachsen und können bei wichtigen Themen eine große Wirkung haben. Auch hier wird auf eine korrekte Schreibweise, wie sie im Duden steht verzichtet. Denn ein Hashtag darf weder Leerzeichen haben, noch ist die Groß- und Kleinschreibung relevant. 


Um meine Gedanken zusammen zu fassen: Ich finde den Wandel der Sprache, der durch die Digitalisierung stattfindet, extrem spannend. Ich bin offen für Neues und Abwandlungen, aber ich habe den Anspruch an uns alle, dass wir dabei die Rechtschreibung und Grammatik eben nicht ad acta legen. 

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1 Kommentar

  1. Tamina
    09/07/2020 / 20:44

    Danke, liebe Kimyana, dass du auf dieses Thema aufmerksam machst. Ich liebe es, die Texte von Bloggern zu lesen und erschrecke oft genug, wenn die einfachsten Regeln nicht beachtet werden. Nach wie vor achte ich bei meinen Nachrichten, dass alles korrekt ist und ärgere mich, wenn dann doch ein Fehler auftaucht. Dieser muss dann auf jeden Fall in einer neuen Nachricht verbessert werden. Habe das Gefühl, dass ich dies meinem Leser schuldig bin.

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