ICH BIN FREI VON HORMONEN

Plötzlich kam mir der Geistesblitz, nachdem ich seit fünf Tagen überfällig auf meine Periode wartete und mich bisher immer auf meinen 28-Tage Zyklus verlassen konnte. Ich war kurz davor, mir einen Test in der Apotheke zu kaufen bis, im wahrsten Sinne des Wortes, der Knoten platzte. Ich kam zu der Erkenntnis, dass ich vor genau einem Jahr mit der hormonellen Verhütung aufgehört hatte und mein Körper nun gereinigt sein dürfte. Ich spürte wie er mir zu kommunizieren versuchte, dass er sich nun neu ordnen müsse und dafür seine Zeit brauche.

Vielleicht habe ich in dem letzten Jahr gelernt, so viel intensiver auf mich und meinen Körper zu achten, dass ich auch diese Signale verstand. Ich fühlte mich auch nicht schwanger – wissen Frauen das nicht, wenn sie es sind?

War der Prozess der Selbstfindung und die auch oft schwere Arbeit an mir ein kalter Entzug? Die Hormone konnten mich nicht mehr lenken und mein Denken beeinflussen. So oft war ich jedoch nah dran aufzugeben und wieder anzufangen. Ich habe mir sogar ein Rezept beim Frauenarzt geben lassen, den Nuvaring jedoch nie abgeholt. Ein Verhalten wie bei Junkies aus dem Buche! Irgendwas fehlte mir, irgendwie war es mit der hormonellen Verhütung doch so viel einfacher und mein Körper mir vertrauter.

In Sachen Verhütung war ich mit dem Ring vermeintlich abgesichert und die Regelschmerzen blieben aus, dazu hatte ich eine schön glatte Haut und keine Probleme mit Pickeln, Jetzt bekomme ich wieder Bauchkrämpfe und sehe eine von vier Wochen aus wie ein Streuselkuchen. Dafür habe ich mich zurück – meinen Körper, meinen Geist, meine Seele.

Wusstest du, dass die Gebärmutter aufhört zu wachsen, wenn du mit der Pille anfängst? Ich habe dann eine Gebärmutter einer 15-Jährigen. Mit 21 habe ich gemerkt, dass sechs Jahre Hormone vielleicht ein zu überdenkendes Thema wären und habe die künstlichen Hormone abgesetzt.

Mein Körper und auch meine Seele haben sich in dieser Zeit jedoch nicht frei entfalten können, sie waren eben immer diesem gefälschtem Zustand ausgesetzt. Das Einnehmen der Pille über diesen Zeitraum hat Konsequenzen für die Entwicklung meiner Sexualität, für mein Wachstum und meine Körperkonfiguration – aber auch dafür, wie ich als Mädchen mit Stress umging. Ich erinnere mich noch gut an dauerhafte Kopfschmerzen. Beim Arzt wurden mir Antidepressiva, die ich nie genommen habe und eine neue Pillenpackung verschrieben.

Die nicht vorhandene Aufklärung ist eine Schande, wobei hier mittlerweile viel offener mit dem Thema umgangen wird. Aber als ich wieder beim Arzt war vor gut einem Monat, wurde mir in 0,Nix ein neues Rezept ausgestellt. Die Ärzte, meist Männer, interessiert es einen Scheißd***, was sie uns da verschreiben. Ich wäre fast wieder auf den lockeren Umgang mit den Hormonen als Droge reingefallen und hatte das Rezept schneller in der Hand, als der Gynäkologe einen Abstrich machen konnte. Über den Pharma-Lobbyismus hatte ich ja schon einen kritischen Artikel verfasst.

Seit Sonntag spüre ich eine extreme Befreiung hinsichtlich dieses Themas und ich danke der ein oder anderen Freundin, die mich immer wieder erinnert hat, dass es die Hormone nicht wert sind. Für wen nehmen wir diese Hormone denn? Aus Gewohnheit? Weil wir es uns einfach machen? Für das Verlangen des Mannes? Für die Industrie oder dem gesellschaftlich geformten Bild einer Frau zu entsprechen?

Mit 22 hatte ich zumindest wieder angefangen, für den Mann den Nuvaring einzusetzen. Mir wurde damals gesagt, dass Verhütung schließlich die einzige Aufgabe sei, die ich als Frau so wirklich hätte. Gut, dachte ich, dann gehe ich meiner Bestimmung eben leise und passiv nach. Ist ja nur mein Körper, den ich da verpfusche. Wir wählen unter Hormoneinfluss übrigens auch oft die falschen Partner. Wir sind ja schließlich nicht wir selbst, sondern Sklave der hormonellen Aktivitäten, die in unsere zentrale Basiskonfiguration eingreifen.

Ich habe keine Ahnung, wo meine Reise hinführen wird und ob ich mir diese Einstellung beibehalte. Für den Moment bin ich einfach nur so froh, dass ich dieses Jahr durchgezogen habe und es diesen Sonntag “Klick” gemacht hat. Ich fühle mich wohl mit meinem Körper und meiner Weiblichkeit. Wenn ich mich nur hormonfrei so erleben kann, wie ich es gerade erlebe, bekommt mich niemand mehr dazu, jemals wieder mit hormoneller Verhütung anzufangen. Außerdem erfahre ich mittlerweile tollen Zuspruch von Männern, die sich dem Thema ebenso annehmen und sich für uns Frauen aussprechen und sich ihrer Verantwortung bei der Verhütung bewusst sind.

Was ist deine Geschichte? Auf Instagram habe ich immer einen angeregten Austausch mit euch zu diesem Thema. Wie steht ihr zur hormonellen Verhütung? Was macht ihr diesbezüglich? Hinterlasst unbedingt einen Kommentar, so dass wir dem Thema noch mehr Gehör schenken.

//Bildstrecke fotografiert von Tonya

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1 Kommentar

  1. Cheryl
    09/04/2021 / 9:42

    Liebe Kim,
    ich finde es einfach nur richtig und gut, dass du die Hormongabe sein lässt. Was einst als sexuelle Befreiung der Frau gefeiert wurde, ist immer mehr zum Zwang und zur Fremdbestimmung mutiert. Zum Glück gibt es heute (und schon immer) viele entwickelte Männer, die sich ihrer Verantwortung beim Sex vollkommen bewusst sind, die anderen sind es nicht wert.
    Mach weiter so!
    Love, Cheryl

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